SHIFTING SPACES
Teil 4: The Trouble with Doubles. Avatare auf der Bühne
Bildende Kunst, Performing Arts, neue Medien und das Theater
Eine Serie kuratiert von Max Glauner
Visuelle Effekte und Animationstechniken der Film- und Game-Industrie beschleunigen die Konvergenz der Künste.
Von Christian Iseli
Die Digitalisierung hat das Crossover von Kino- und Game-Ästhetiken und den damit verbundenen technischen Verfahren mit den bildenden Künsten stark beschleunigt. Der britische Medienkünstler Ed Atkins etwa arbeitet mit hyperrealen, digital geschaffenen Menschen in filmdramatischen Verdichtungen.1 In Hito Steyerls neuester Mixed-Reality-Erfahrung Dancing Mania XR können die Nutzer*innen einen Infektionsverlauf unter tanzenden Polizei-Avataren beeinflussen.2 Und der britische Digital Artist Alan Warburton benutzt Top-Notch-Praktiken kommerzieller Filmstudios, um computergenerierte Bilder mit elaborierten Texten zu verbinden.3 Solch vielschichtige Konvergenzen, seien sie nun subsumiert unter Media Art, Digital Art, Virtual Art, oder aber eben doch: Visual Art, haben in letzter Zeit eine hohe Dynamik erreicht und auch vor den darstellenden Künsten nicht Halt gemacht. Virtuelle Figuren erscheinen auf der Theaterbühne, tanzende Avatare in der Performance, eingetaucht in digital gestaltete Welten. Schnelle Chips von Spiel-Computern ermöglichen die Echtzeit-Berechnung und von der Filmindustrie stammt die Motion-Capture-Technologie, die menschliche Körperbewegungen auf Animationsfiguren überträgt.
Wenn virtuelle Figuren aber nicht bloss auf vorproduzierte Videos zurückgehen sollen, muss der Live-Charakter der visuellen Effekte unter Beweis gestellt werden. In der Videokunst der 70er Jahre wurde dies noch mit dem „closed circuit“, der direkten Verbindung von Kamera und Monitor, bewerkstelligt. So war die US-amerikanische Künstlerin Joan Jonas damals in ihren Performances doppelt – sowohl als reale Person wie auch im Live-Videobild präsent.4 In aktuelleren Arbeiten…