Wir senden Wellen aus
Andrea Lissoni, seit April 2020 Leiter vom Haus der Kunst, München
im Gespräch mit Heinz Schütz
Nachdem sich Okwui Enwezor im Juni 2018 vom Haus der Kunst getrennt hatte, gab es nur eine interimistische künstlerische Leitung. Zuerst übernahm sie für kurze Zeit der Hauptkurator Ulrich Wilmes und dann Bernhard Spieß, der als kaufmännischer Direktor eingestellt worden war. Seit April 2020 leitet nun Andrea Lissoni als künstlerischer Direktor zusammen mit einem neuen Geschäftsführer das Haus. Zuvor war Lissoni als Kurator am HangarBicocca in Mailand tätig, dann als Kurator für Film und internationale Kunst und als einer der fünf Senior-Kuratoren an der Tate Modern. Vor seiner Arbeit an den großen Institutionen war er Mitbegründer eines unabhängigen künstlerischen Netzwerks (Xing), eines Kunstraums (Lima) und eines online Film-Screening-Programms für KünstlerInnen und FilmemacherInnen (Vdrome). Darüberhinaus unterrichtete er in Europa und den USA an verschiedenen Hochschulen. Seine Arbeit am Haus der Kunst beginnt unter den erschwerten pandemischen Bedingungen. Das Gespräch fand im Mai 2021 statt.
Heinz Schütz: Vor uns steht ein Beamer. Mit Projektionen erarbeiten Sie gerade einen längerfristigen Ausstellungskalender. Gibt es ein übergeordnetes Programm, das Sie dabei leitet?
Andrea Lissoni: Natürlich gibt es ein klares Programm und eine Vision, dennoch gehe ich von einem abstrakten Wellenmodell aus und sage: Wir senden Wellen aus. Dabei kommt es ganz entscheidend auf das Tuning an. Je nachdem, was wir veranstalten ändert sich die Wellenlänge. Entscheidend dabei ist, dass wir ständig etwas aussenden, denn man weiß nicht, wo eine Welle auftrifft, ob sie zurückkommt, ob sie…