Düsseldorf
A Long Time Short
KAI 10 / ARTHENA FOUNDATION 30.08.2020–28.03.2021
von Ann-Katrin Günzel
Auch wenn der Corona-Lockdown kurzfristig etwas anderes suggerierte: Trotz spürbarer Erschöpfung hetzen wir weiterhin durch unser Leben – zwar ohne den permanenten Ortswechsel, der vorher damit einherging, dafür aber mit nicht weniger Tempo. Aktuell ist es das Internet, das gar nicht schnell genug arbeiten kann, damit wir in möglichst wenig Zeit und „trotz allem“ umgehend ganz viel effizient und möglichst parallel erledigen können. Leistungsdruck und Effizienzstreben haben lediglich eine andere Gestalt angenommen und so wird aus dem Moment des „mal gar nichts“ ganz schnell ein „viel mehr“ in derselben Zeit. Und je mehr wir tun, um so schneller vergeht die Zeit, das scheint so etwas wie ein Gesetz zu sein, denn: erst mit dem Stillstand kommt die Dauer. Auch wenn wir uns an der Uhr orientieren: Zeit ist relativ. Den Widerspruch zwischen objektiv messbarer Uhrzeit und persönlichem Zeitempfinden thematisiert die bemerkenswerte von Marion Eisele kuratierte Gruppenausstellung im KAI 10, die ihren eigenen Zeitraum durch den Stillstand im lockdown glücklicherweise ausdehnen konnte.
Gleich am Anfang der Ausstellung im ehemaligen Hafenspeicher des Düsseldorfer Medien hafens, eröffnet sich mit der großformatigen Videoprojektion „Présage 09 / 05 / 2019 10h15“ (2019) von Hicham Berrada im Halbdunkel des Gebäudes ein faszinierendes Fenster in die Tiefen der Unterwasserwelt – Winzige Luftbläschen, fadenartige Pflanzen und riffartige Formationen suggerieren in einem geheimnisvoll blau-grün schimmernden Gewässer vielgestaltige Organismen, den Meeresboden, Korallenriffe gar – einschließlich der von ihnen ausgehenden Faszination. Aber kaum ein Naturgedanke weckt derzeit so schnell auch…
