Christiane Löhr
Die Emanation des Raums und die Beständigkeit des Flüchtigen
von Judith Elisabeth Weiss
NOBILITIERUNG DES KLEINEN
Samen von Löwenzahn und Disteln, Stängel von Gräsern, Kletten, Baum- und Efeublüten, Katzen-, Pferde- und Hundehaar und andere kleine und kleinste Fundstücke aus der Natur liefern die materiale Grundlage der Werke von Christiane Löhr (* 1965). Man nähert sich diesen fragilen Kleinplastiken und permeablen Formwundern, diesen filigranen wie konzentrierten Naturgespinsten mit großer Behutsamkeit, um ihre in sich ruhenden Verankerungen nicht mit einem unachtsamen Atemhauch zu stören. Man legt den Kopf schief, reckt sich, umrundet die Werke, beugt sich hinunter, ja kniet sich vor diesen teils auf hüfthohen Sockeln präsentierten Arbeiten buchstäblich nieder.
Das Gedicht „Ordnungen der Wildnis. Odenstrophen, Module“ von Marion Poschmann eröffnet den schmalen Ausstellungsband des Skulpturenparks Waldfrieden, wo Christiane Löhr ihre Objekte im Frühjahr 2018 in der Schau attrazione präsentierte. Die eigens für die Ausstellung verfassten lyrischen Zeilen vermitteln die Zartheit und Fragilität dieser Arbeiten und führen zugleich an die Randzonen, an denen natürlich Gewachsenes und kulturell Geschaffenes aufeinandertreffen und Natur so zum Spiegel des Menschseins wird. „(…) Ornamentales // wie man etwas anlaßlos anzieht und es / wäre später so und nicht anders, wäre / in die Symmetrien des Sachten einfach / eingefügt, wäre // wäre Wildnis, was aus der Fläche aufsteigt, / Kollektoren schneller Bevölkerung, könnten / Kiefernstämme, haltlose Halme, die sich / Räume erfinden“.1
Nicht um die Übertragung des Poetischen auf ihr Werk kann es dabei gehen, denn zu fern läge dies der Intention der Künstlerin. In der Übersetzung des Visuellen in…