Kunstnatur I Naturkunst
Natur in der Kunst nach dem Ende der Natur
herausgegeben von Judith Elisabeth Weiss
Kunstakademien gibt es seit dem 16. Jahrhundert. Lange waren sie Bollwerke konventioneller Kunstauffassungen. Aber schon im 18. Jahrhundert gab es Proteste gegen Ideale und Regeln der akademischen Ausbildung. Große Neuerungen brachte die Moderne. Das 1933 in North Carolina gegründete reformpädagogische Black Mountain College (BMC) ging besonders weit. Es stellte die Bildende Kunst in den Zusammenhang von Tanz, Architektur, Musik, aber auch von Ökonomie und Physik.Ist die derzeitige Konjunktur von „Natur“-Produkten und von Reisen in die „unberührte Natur“, von „Naturerlebnissen“ auf Hochseilgärten im Wald bis hin zum Trend einer „Neo-Natur“, die eine „neue Lust am Naturkonsum“ attestiert, womöglich eher das Siegel einer Verlustanzeige als Ausdruck einer neu erwachten Liebe zur Natur? Es scheint, dass die Sehnsucht nach Natur umso größer wird, je weniger von ihr übrig ist. Denn wer heute über Natur nachdenkt, nimmt meist ihre Manipulation und Zerstörung in den Blick: das Artensterben und den Klima wandel, das Meer, in dem künftig mehr Plastik schwimmt als Fisch und den stetig schrumpfenden Regenwald. Anthropozän nennen Wissenschaftler dieses „Zeitalter des Menschen“, das von extremen menschlichen Eingriffen in die Ökosysteme unseres Planeten geprägt ist. Auch die gegenwärtigen Theorie diskurse attestieren eine Krise der Natur, indem sie gängige Natur-Kultur-Konzepte aufkündigen und alternative Begriffe für „Natur“ kreieren.
Angesichts dieses vielfach diagnostizierten Endes der Natur mutet ihre Konjunktur in der Kunst geradezu paradox an. Natur gibt sich hier als widerständig und belastbar zu erkennen, als unerschöpflich und wandelbar. Sie ist Motiv- und…