Detlef Orlopp
„Die Erde: Ein immerwährendes Sagen“
Über Erkenntnisprozesse des Auges und die Zeichenhaftigkeit der Landschaft
Ein Gespräch von Herbert Kopp-Oberstebrink und Judith Elisabeth Weiss
Wohl kaum ein fotografisches Werk der Gegenwartskunst zeichnet sich durch eine solche Enthaltsamkeit gegenüber den vielfältigen Möglichkeiten der Fotografie aus wie das Œuvre von Detlef Orlopp (*1937): kein künstliches Licht und keine ausstaffierende Inszenierung, keine Filter und keine Nachbearbeitung – die Aufnahmen werden jenseits der Mittel des Digitalen angefertigt. Vergleicht man die ersten Fotografien von Orlopp aus dem Jahr 1955 mit den aktuellen des Jahres 2017, so zeigt sich ein Werk der unbedingten Konstanz. Unbeirrt von künstlerischen Trends ist Orlopp seinen einmal gefundenen fotografischen Mitteln wie auch seinen Sujets – menschenleere Berglandschaften, Seestücke und das reine Gesicht – über Jahrzehnte treu geblieben und hat sie nur minimalen Veränderungen unterworfen. Reduktion und Konzentration, dies sind die wesentlichen Erfahrungen, aus denen sich sein Blick auf die Strukturen von Wasser, Fels und Gesicht speist. Orlopp fotografiert, was er sieht, und deshalb lassen sich seine Werke auch nicht mit dem Schlagwort der „Konstruktion von Natur“ in Verbindung bringen. Das Sehen als ein Erkenntnisvorgang des Auges ist ein abstrahierender Vorgang, und in dieser Abstraktion von höchster Konkretion und Differenzierung – die Schärfe als gestalterisches Prinzip entspricht dabei der Wahrnehmungs- und Sinnesschärfe des Künstlers. Die Hyperpräszision der Aufnahmen Orlopps kann auch Vexierbilder hervorbringen, gleichsam poetische Verkehrungen, in denen die Wasseroberfläche wie eine Schieferplatte anmutet und der Fels beweglich wird wie die Wellen. Diese Dialektik von Stillstellung und Bewegung ist gleichermaßen eine konzeptuelle wie…