Hannover
Slavs and Tatars
Sauer Power
Kunstverein Hannover 17.11.2018 – 27.01.2019
von Rainer Unruh
Vorsicht, die Tataren kommen! Sie haben nichts Geringeres vor, als uns den Kopf zu verdrehen. Und zwar in Richtung Osten. Dort, zwischen der Berliner und der Chinesischen Mauer, findet das Künstlerkollektiv Slavs and Tatars seine Motive und Anregungen. Die Werke, die daraus resultieren, sind für im Westen sozialisierte Besucher zunächst kaum verständlich. Was hat der Mix aus lateinischen und kyrillischen Buchstaben auf einer Kunststofftafel („Kwas ist das“, 2016) im ersten Raum der Ausstellung zu bedeuten, was die arabischen, von Luftblasen umspielten Wörter auf der Arbeit daneben?
Sprache ist ein zentrales Thema des 2006 gegründeten Kollektivs, das ursprünglich von der Polin Kasia Korczak und Payam Sharifi, einem US-Bürger mit iranischen Wurzeln, als Lektüregruppe initiiert wurde. Ausgangspunkt war eine Unzufriedenheit mit dem Verständnis von Vernunft, Literatur und Kultur, wie es an westlichen Universitäten gelehrt wurde. Für all das Verwegene und Abseitige, das sich in Eurasien im Laufe der Jahrhunderte entwickelt hatte, von der Mystik des Persers Fazlallah Astarabadi (ca. 1339 – 1394) bis zur spekulativen Linguistik des russischen Dichters Welimir Chlebnikow (1885 – 1922), war dort kein Platz. Höchste Zeit also, dass jemand sie wieder ins Bewusstsein rückte, zusammen mit anderen Außenseitern wie dem Kant-Antipoden Johann Georg Hamann (1730 – 1788), dem in der Ausstellung die Skulptur „Gut of Gab (Ha’mann)“ (2018) gewidmet ist. Slavs and Tatars schlagen mit Büchern, Vorträgen, Videos, Skulpturen und Bildern Brücken zwischen den Kulturen, führen aber auch die Unzulänglichkeit von Übersetzungen auf oft witzige Weise vor Augen.
Heilig…