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Titel: exhibit! · von Gudrun Ratzinger · S. 46 - 47
Titel: exhibit! ,

exhibit!

Ausstellen als künstlerische Praxis
Herausgegeben von Gudrun Ratzinger und Franz Thalmair

Ausstellung, ausgestelltes Werk – Kunstwerk? Die Schwierigkeit zwischen dem zu unterscheiden, wie Künstler *innen Ausstellungen in den Raum setzen und welche Gegenstände Künstler *innen in Ausstellungen zeigen, legt nahe, dass sich das Ausstellen selbst zur künstlerischen Praxis entwickelt hat. Wenn die Ausstellung mehr als nur Medium ist, um Inhalte zu transportieren, wenn Künstler* innen das Ausstellen nämlich als Material und als Format einsetzen, das geformt und mit dem gedacht wird, stellt sich die Frage, ob im wachsenden Feld künstlerischer Praktiken dem Ausstellen nicht eine zentrale Bedeutung zukommt. Der KUNSTFORUM Band „exhibit! Ausstellen als künstlerische Praxis“ geht der Frage nach, wie Künstler *innen das Zeigen von Kunst konzipieren und vor allem praktizieren.

In diesem Spannungsfeld unternimmt die Einleitung mit dem Titel „Ausstellen als …“ den Versuch, unterschiedliche Ausformungen des Ausstellens anhand konkreter – theoretischer und praktischer – Auseinandersetzungen aufzufächern. Dies geschieht im Bewusstsein, dass ein solches Unterfangen, wird es auf Vollständigkeit angelegt, zum Scheitern verurteilt ist. Die versammelten Kategorien sind deshalb als ähnlich wandelbar und modular zu verstehen wie die vielfältigen Praktiken des Ausstellens, die sie beschreiben.

Zwei Essays fassen das Thema aus kunsthistorischer Perspektive: Fiona McGovern geht in „Über den Rollenwechsel hinaus. The Artist as Curator Extended Version“ anhand der Figur von Künstler *innen-Kurator *innen dem Ausstellungsbetrieb und dessen engen Verknüpfung mit Ankaufspolitiken, Aspekten der Kanonisierung und Historisierung von Kunst nach. Eva Kernbauers „Ortswechsel. Politische Kunst auf der Bühne der Ausstellung“ skizziert die Frontstellung zwischen Kunst und Politik, die die Autorin als Fortführung der Autonomiedebatten der Moderne in der Gegenwart verortet und an künstlerischen Auseinandersetzungen mit den Potentialen des Ausstellungsraums festmacht.

Eine besondere Rolle kommt den Gesprächen mit Aglaia Conrad, Suchan Kinoshita und Pierre Bal-Blanc zu. Johannes Porsch – selbst Künstler, Kurator und Autor – thematisiert im Dialog mit Kolleg *innen nicht nur zentrale Aspekte des Ausstellens, sondern führt als Initiator und Übersetzer eines Selbstgesprächs (Pierre Bal-Blanc) vor, wie anhand von Interventionen in bestehende Systeme die Grenzen von Autor*innenschaft verschoben werden können und was eine solche Verschiebung mit dem Ausstellen als künstlerische Form zu tun hat.

Erweitert wird der vorliegenden KUNSTFORUM Band durch Interviews mit Künstler *innen, die die vielfältigen Modi des Ausstellens anhand ihrer eigenen Praxis erläutern: Als Betreiber unzähliger Ausstellungsinitiativen hat sich Stefan Riebel einer postkuratorischen Praxis verschrieben. Er geht damit ähnlich vor wie die KuratorInnen der documenta 15, das aus Indonesien stammende Kollektiv ruangrupa, das seine Kunstproduktion auf gemeinschaftliches Handeln anlegt. Tanja Widmann spricht über das Ausstellen als installative Setzung und der Aktualisierung eines Skripts. Jakob Lena Knebl schildert ihre Erfahrungen als Künstlerin, mit und in einer Museumssammlung zu arbeiten. Wendelien van Oldenborgh erläutert ihren Arbeitsprozess, der die filmische Praxis in ortsspezifische Settings übersetzt und Alice Creischer und Andreas Siekmann berichten darüber, warum sie begannen, das arbeitsteilige Feld des Ausstellungsmachens zu hinterfragen.

Die von Jeanette Pacher und Bettina Spörr – zwei Kuratorinnen der Künstler*innenvereinigung Wiener Secession – geführte Gesprächsrunde mit Lara Almarcegui, Carlos Bunga, Andreas Fogarasi, Gelitin, Fernanda Gomes, Anne Hardy, Maria Hassabi, Claudia Märzendorfer, Lisl Ponger sowie Nicole Six und Paul Petritsch rundet den Blick auf das Thema multiperspektivisch ab.