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Zeichnen zur Zeit X · von Reinhard Ermen · S. 206 - 209
Zeichnen zur Zeit X ,

Robert Longo

Fast alles ist schon da. Die vorfertigen Motive sind Robert Longos Material, im Umgang mit ihnen realisiert sich eine eigene, neu fokussierte Weltwirklichkeit, die das Potential in sich birgt, Essenzen und Konzentrate, vielleicht sogar ikonische Tatsachen der tagtäglichen Reizüberflutung zu entreißen. Vergleiche mit dem „Original“ helfen nicht weiter, die eigentlichen Bildgebenden Ereignisse, und darunter sind auch die Vorlagen zu verstehen, treten hinter einer neuen Erscheinungsweise entschieden zurück, sie leuchten im Rahmen einer neuen „Künstlichkeit“ (Hal Foster) weiter. Die Übertragung wird zum Original. Das muss man sehen; eine Reproduktion tötet das Ereignis. Von Longos Zeichnungen geht ein schwer zu fassendes Eigenlicht aus, das in einem geradezu magischen Hell-Dunkel Plastizität schafft. Möglicherweise ist das dem Prozess der Einverleibung ganz unmittelbar zu danken, bei dem Zeit eine entscheidende Rolle spielt. „Die Aufnahme einer Fotographie erfolgt in einem Moment“, so Longo zu der Kuratorin Kate Fowle: „Die Anfertigung einer Zeichnung dauert Monate.“

Die Tatsache, dass der Künstler dafür mehrere Assistenten beschäftigt, schmälert die Aneignung in der produktiven Zeitlupe nicht, das spricht eher für einen konzeptuellen Ansatz, bzw. dafür, dass einer als spiritus rector stets anwesend ist. Ein natürlicher Spürsinn für die Multiplikation der Arbeit gehört in seiner Weltwirklichkeit mit dazu; der Künstler als Realist. Im Prozess der Neuverortung expandiert auch das Format, Longo macht aus Illustriertenvorlagen Riesen. Das sind monumentale „Standbilder“ von Bildern. Die neue Lust der Zeichnung an der schieren „Größe“ wird hier wirkmächtig vorgelebt, die Emanzipation des Mediums ist kein Thema mehr, sie ist längst vollzogen. Zu Heinz-Norbert Jocks sagt Robert Longo…

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