Wendelien van Oldenborgh
Polyphonie in die Ausstellung übertragen
Ein Gespräch von Eva Kernbauer
Wendelien van Oldenborgh ist eine niederländische Künstlerin, die ihre filmische Praxis in eigens entwickelten kollaborativen Arbeitsprozessen in ortsspezifische Settings überführt. Ihre international gezeigten Arbeiten greifen aktuelle politische und gesellschaftliche Themen wie das Erbe des Kolonialismus oder europäische Identitätspolitiken auf. Van Oldenborgh gestaltete den niederländischen Beitrag auf der 57. Biennale von Venedig 2017.
Eva Kernbauer: Ich würde gerne damit beginnen, was ich als höchst produktive Ambivalenz in deiner Arbeit sehe, insbesondere in einem von dir häufig genutzten Format: ein Filmprojekt an einem historisch oder politisch signifikanten Drehort, dem ein kollaborativer Prozess in der Materialrecherche und beim Skriptschreiben vorangegangen ist. Es gibt also eine Zusammenarbeit auf mehr als einer Ebene: mit den Teilnehmer *innen, die ihr Wissen und persönliche Erfahrungen einbringen, aber auf gewisse Weise spielt auch die offene Atmosphäre, die durch deine Auswahl von öffentlich zugänglicher Drehorte geschaffen wird, eine Rolle. Und obwohl deine Praxis in partizipativer und sozial engagierter Kunst verankert ist, sind die Ergebnisse klar abgrenzbare Kunstwerke, meistens Filme. Wie erzeugst du dieses Gefühl eines Zusammenspiels, das deine Arbeit so sehr auszeichnet, und wie wägst du zwischen ästhetischen und politischen Ansprüchen ab?
Wendelien van Oldenborgh: Ja, das ist tatsächlich ambivalent. Zusammenarbeit ist ein komplexer Begriff. Du erwähnst zum Beispiel das gemeinsame Erarbeiten des Skripts. Tatsächlich gibt es bis zum Zeitpunkt des Filmens noch keinen vorgegebenen Text, aber während wir drehen, werden von allen Beteiligten, durch all das eingebrachte Wissen, die Gespräche oder andere, durch das Geschehen ausgelöste…