Pierre Bal-Blanc
„Paradox über den Performer“ inspiriert von „Paradox über den Schauspieler“ von Denis Diderot
Ein Selbstgespräch von Pierre Bal-Blanc, aus dem Französischen übersetzt von Johannes Porsch
„Paradox über den Schauspieler“, ein Essay über die Kunst des Schauspielens: Denis Diderot hat diese kritische Bestandsaufnahme 1769 zuerst als Monolog verfasst und später (1773 – 1777) in Dialogform auf die Rollen eines ersten und zweiten Sprechers aufgeteilt. Für seinen manifestartigen Beitrag greift Pierre Bal-Blanc darauf zurück.
Erster Sprecher: Wie sind Sie auf das Format einer Ausstellung gekommen, das sich auf den lebendigen Körper beschränkt?
Zweiter Sprecher: „Collective Exhibition for a Single Body“ rührt von einer praktischen Auseinandersetzung mit Performance als Ausstellung her. 1992 habe ich im Kunstverein Hamburg zwei Monate lang anlässlich der Ausstellung „Gegendarstellung (Ethik und Ästhetik im Zeitalter von Aids)“ Félix González-Torres’ Arbeit „Untitled (Gogo Dancer Platform)“ (1991) als Performer vorgeführt – das war für meine Beschäftigung mit Performance wegweisend. Von dieser Erfahrung habe ich vieles von dem, was im Weiteren meine Karriere als Kurator von Ausstellungen bestimmt hat, mitgenommen. Damals war ich als Freelancer ein einfacher Art Handler – der, um sein Gehalt aufzubessern, auf ein Jobangebot geantwortet hat.
Erster: Was war für Sie an dieser Erfahrung entscheidend?
Zweiter: Ich habe damals bemerkt, welche Bedeutung der Präsentation des Lebendigen im Ausstellungsraum für künstlerische Arbeitsweisen, an denen Protagonisten / Performer, Künstler, Zuschauer und Kuratoren teilhaben, zukommt. Die Verdinglichung meines Körpers als Ausstellungsobjekt hat mir bewusst gemacht, dass entgegen dem, was die allgemeine Moral damals vorgab, es nicht möglich war, menschliches Leben…