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Nachrichtenforum: Aktionen und Projekte · von Jürgen Raap · S. 332
Nachrichtenforum: Aktionen und Projekte ,

Aktionen und Projekte

The Mask Project

Das COVID-19 „The Mask Project“ ist eine Zusammenarbeit zwischen der Fotografin Nonzuzo Gxekwa und dem Künstler Pierre le Riche. Die Idee dazu entstand während der Abriegelung für COVID-19 in Südafrika. „In dieser Zeit wollten die Künstler eine Botschaft der Hoffnung aussenden, die die Kreativität der Künste und ihre Widerstandsfähigkeit in Afrika unter Beweis stellt.“ In einer Zusammenarbeit aus der Entfernung zwischen Johannesburg und Kapstadt schufen sie „ein gemeinsames Werk“ mit Elementen „aus Afrikas reicher Tradition in der künstlerischen Verwendung von Textilien und Stoffen mit fotografischen Porträts kombiniert, die auf sehr eindringliche Weise in Südafrika lebende Personen von heute darstellen. Die Arbeiten reflektieren die globale Coronavirus-Pandemie und setzen sie zugleich in Verbindung mit alten afrikanischen Traditionen. Le Riche, der vorwiegend mit Stoffen und Textilien arbeitet, schuf dazu sechs Textilmasken, die dann von Nonzuzo Gxekwa in ihre Fotografien integriert wurden. Die Arbeiten sind nun in einer kleinen Edition als Kombination von Maske und Fotografie erhältlich.“ Unterstützt wird das Projekt von der THK Gallery in Kapstadt, und derlei Unterstützung ist auch dringend notwendig für „die kulturelle Szene in Südafrika, die für dieses immer noch zerrissene Land allein als kontinuierlicher Prozess der Selbstreflexion so wichtig ist.“

www.thkgallery.com

Ruhrtriennale: Archiv der verlorenen Ereignisse

Die wegen COVID-19 abgesagte Ruhrtriennale 2020 hat eine digitale Sammlung zu einem „Archiv der verlorenen Ereignisse 2020“ zusammengetragen. „In einer Vielzahl von Video-, Audio- und Textbeiträgen stellen mehr als 25 Kunstschaffende Arbeiten, die für die Ruhrtriennale 2020 geplant waren, in den Mittelpunkt und machen damit Veränderungen ihrer Inhalte und Arbeitsweisen durch die Pandemie sichtbar. Angelehnt an ein digitales Magazin, finden sich hier unterschiedlichste Perspektiven aus aller Welt etwa von Christoph Marthaler und Anna Viebrock, Nora Chipaumire, Serge Aimé Coulibaly, Edu Haubensak, Elaine Mitchener, Kornél Mundruczó, Steven Sloane, Brigitta Muntendorf und Stephanie Thiersch, Mariano Pensotti, Raumlaborberlin, Akira Takayama und Meg Stuart. Das Archiv ist bis zum 31.10.2020 abrufbar. Dann endet auch die Intendanz von Stefanie Carp, die die Ruhrtriennale 2018–2020 künstlerisch verantwortet hat. Die Leitung der Ruhrtriennale 2021–2023 übernimmt die Schweizer Theater- und Opernregisseurin Barbara Frey.

www.edition2020.ruhrtriennale.de

Kassel: Ideen für ein Umdenken

Bis zum 18. Oktober 2020 führt der Kasseler Kunstverein die Reihe „Ideen für ein Umdenken“ durch. Das Projekt kreist um die Frage, ob es nach der Corona-Pandemie nötig sei, „die Wirtschaft nach der Bewältigung der Pandemie in allen Bereichen wieder vollständig hochzufahren? Befindet sich das „Raumschiff Erde“ (Buckminster Fuller 1968) nicht längst auf einem bedrohlichen Kollisionskurs? Wäre da nicht jetzt ein günstiger Zeitpunkt, die Wachstums kritik verstärkt in das öffentliche Bewusstsein zu rufen und aus dem alten Credo „less is more“ mehr zu machen als einen ästhetischen Lifestyle der Bessergestellten? Lässt sich in der Kunst eine Sprache für ein Umdenken entwickeln? Bewusst setzt der Kasseler Kunstverein dabei auf regionale Beteiligungen: „Denn es sind gerade lokale Strukturen, die weniger Ressourcen verbrauchen und ein nachhaltigeres Wirtschaften ermöglichen. Architektonisch wird die Idee ,- = +‘ in einer Raum-im-Raum Situation abgebildet, die vorhandene Materialien nutzt und die Ausstellungsfläche verkleinert: Mehrwert durch Reduktion – der Raum als Übungsgelände und Schau-Platz der Postwachstumsästhetik …“

www.kasselerkunstverein.de

Fotomonat EMOP Berlin

Vom 1. bis zum 31. Oktober 2020 wird in Berlin der EMOP-European Month of Photography ausgerichtet. Beteiligt sind mehr als 100 Museen, Galerien und Kulturinstitutionen, die mit ihren Ausstellungen die gesamte Bandbreite fotografischen Schaffens abdecken. An den Eröffnungstagen 1.–4. Oktober 2020 veranstaltet die Akademie der Künste am Pariser Platz Panels, Talks und Diskussions-Veranstaltungen zu verschiedenen aktuellen Themen wie „Die Zukunft der Fotografie-Ausbildung“, „Die Fotografie und die Institutionen“ oder „Fotografie zwischen Kunst und Massenmedium“. Im Willy Brandt-Haus sind Fotos aus der Vorkriegszeit von Ruth und Lotte Jacobi zu sehen: Lotte Jacobi wurde in den 1920er Jahren mit ihren Porträts von Albert Einstein, Käthe Kollwitz, Lotte Lenya oder Klaus und Erika Mann berühmt. Der DDR-Fotograf Roger Melis (1940–2009) durfte 1982 nach Paris reisen. Was er auf seinen täglichen Fußmärschen durch die Stadt fotografierte, dokumentiert argus fotokunst. Die Widersprüchlichkeit der Maskulinität in den klassischen Männlichkeitsbildern ist Thema einer Ausstellung im Gropiusbau mit Werken von Laurie Anderson, Sunil Gupta, Richard Avedon, Rotimi Fani-Kayode, Peter Hujar, Isaac Julien, Annette Messager, Catherine Opie u. a. (Titel: „Masculinities: Liberation through Photography“, 16.10.2020 bis 10.01.2021).

www.emop-berlin.eu

Kunstparcours „Flagge zeigen“

Susanne Prinz und Lena Marie Emrich (INFECTED LANDSCAPES) kuratieren das Projekt „Flagge zeigen“ in Bad Saarow (Brandenburg). Der Parcours mit 28 künstlerischen Beiträgen aus allen 27 EU-Ländern plus Großbritannien ist in der Region rund um den Scharmützelsee bis zum 30. Oktober 2020 am besten mit dem Fahrrad zu erkunden. Die Aktion soll als „symbolisches pro-europäisches Statement“ verstanden werden. Das „Brexit“-Land wird dabei diplomatisch nicht ungeschickt „von einem schottischen Künstler vertreten, der mittlerweile einen deutschen Pass hat“. Die Kunstfahnen hängen an sonst kaum genutzten alten Fahnenmasten: „Im Unterschied zu sonstigen Ausstellungen schont ,Flagge zeigen‘ die Ressourcen, indem sie auf existierende Infrastrukturen zurückgreift.

www.infectedlandscapes.eu

Venedig: Territorial Agency Oceans in Transformation

Vom 27. August bis zum 29. November 2020 ist im „Ocean Space“ in Venedig das Projekt „Territorial Agency: Oceans in Transformation“ der TBA21–Academy zu besichtigen. Ausstellungsort ist die frühere Kirche San Lorenzo. Kuratorin ist Daniela Zyman. Die Stiftung der TBA21-Akademie fördert kunstwissenschaftliche Praxis und interdisziplinäre Forschung zur Unterstützung der „künstlerischen Vorstellungskraft“ und des „Eintretens für die Ozeane“. Die jetzige, zweite Ausstellung soll auch nach dem Ende des Corona bedingten Lockdowns zur „Wiederbelebung der venezianischen Kultureinrichtungen beitragen“. Sie fasst drei Jahre an Forschung über die unterschiedlichsten Betrachtungen der Ozeane in Wissenschaft, Kunst und Politik im Zeitalter des Anthropozäns zusammen.

www.tba21.org

London: Heather Phillipson bespielt vierten Sockel

Als der Trafalgar Square in London durch Sir Charles Barry zwischen 1840 und 1845 seine heutige Form erhielt, bestückte man die Sockel an den Ecken mit Standbildern, doch aus Kostengründen blieb die vierte Plinthe leer. Seit 1999 bespielen zeitgenössische Künstlerpersönlichkeiten diese ungenutzte Plinthe temporär, so etwa 2007 der Bildhauer Thomas Schütte, 2015 / 16 Hans Haacke und zuletzt 2018–2020 Michael Rakowitz. Aktuell ist nun bis zum Frühjahr 2022 eine Arbeit von Heather Phillipson zu sehen, die sich in ihren früheren Projekten oft mit der Videoüberwachung des öffentlichen Raumes auseinandersetzte. Zu der aktuellen Arbeit mit dem Titel THE END, die eine schmilzende Eiskugel mit einer Kirsche, einer Fliege und eine Drohne zeigt, wurde sie 2016 inspiriert, als in Großbritannien das Brexit-Referendum abgehalten und Donald Trump zum US-Präsidenten gewählt wurde. Die Drohne auf der Skulptur ist mit einer Kamera ausgestattet, die eine Live-Übertragung der Umgebung sendet. Zum Werk, gehört auch die Sound-Collage „Volta“, die online nachzuhören ist.

www.web102.secure-secure.co.uk/theend.today

Digitale Düsseldorf

Die offizielle Vernissage des Festivals „Digitale Düsseldorf“ ist zwar erst am 31. Oktober 2020 im Kunstraum „Weltkunstzimmer“, doch im zeitlichen Vorfeld findet bereits seit dem 20. August 2020 in der „hidden gallary digitale“ (Wallstr. 37) eine Präsentation von Videokunst statt. Die derzeit leerstehenden Läden in einer Passage werden mit Videoarbeiten zum Thema „digital secrets“ bespielt. Die Beiträge beschäftigen sich mit den Fragen: Wie kann Kunst mit den Geheimnissen des Privaten spielen? Wie thematisiert sie die Macht von globalen Unternehmen, die auf privaten Daten basiert? Das Festival versteht sich als Plattform für digitale Kunst- und Musikprojekte, lotet dabei interdisziplinär aus, was mit der Digitalisierung fast sämtlicher Prozesse in sozialen Zusammenhängen, in der Wirtschaft und Kultur erreicht wurde, aber ebenso welche Probleme „damit geschaffen, welche gelöst werden. Initiatoren sind der Künstler und Eventmanager Werner Pillig und Peter Witt, Musiker und früherer Vorsitzender des „kunst- und kulturvereins damenundherren e.v.“

www.die-digitale.net

Lichtparcours in Braunschweig

Der Okerfluss umschließt nahezu ringförmig die Braunschweiger Altstadt und durchfließt eine Parklandschaft mit zahlreichen Brücken. Dieses Areal ist bis zum 9. Oktober 2020 zu einem Lichtparcours gestaltet mit insgesamt 19 skulpturalen Projekten, davon 15 neu angelegten und 4 permanenten Installationen aus früheren Aktionen. Sämtliche Kunstwerke wurde ortsspezifisch in der Auseinandersetzung mit der Geografie und Geschichte Braunschweigs konzipiert. Die Beiträge stammen u.a. von Nevin Aladağ, Bjørn Melhus, Mark Dion, Tim Etchells, Yvonne Goulbier, Institut für Architekturbezogene Kunst der TU Braunschweig, Brigitte Kowanz, Fabrizio Plessi, Anselm Reyle, Michael Sailstorfer, Johannes Wohnseifer, Joseph Zehrer.

www.lichtparcours.de

Anicka Yi in der Tate-Turbinenhalle

Seit dem Jahre 2000 residiert die Londoner Tate Modern im ehemaligen Kraftwerk Bankside. Ab 2007 / 2008 bauten die Architekten Herzog und de Meuron außerdem dort die Öltanks zu Ausstellungsräumen um und schufen zusätzlich einen Neubau, der mittels einer Fußgängerbrücke durch die Turbinenhalle mit dem Altbau verbunden ist. Diese Turbinenhalle kann von eingeladenen Künstlern für überdimensionale Installationen genutzt werden. Ai Weiwei, Olafur Eliasson und Tino Sehgal verwirklichten hier bereits Projekte. In diesem Jahr darf die aus Südkorea gebürtige und heute in New York lebende Konzeptkünstlerin Anicka Yi die Turbinenhalle vom 6.10. 2020 bis zum 10.01.2021 bespielen. In ihren Arbeiten verbindet Yi künstlerische Inspirationen mit wissenschaftlichen Ideen und experimentellen Materialien. Thematisch liegen die Schwerpunkte bei Fragen der Philosophie, bei Formen neuen Lebens und (künstlerischer) Intelligenz, aber auch zu Migration und Geschlechterfragen: so kreierte sie z. B. eine Parfum-Reihe, „die auf bemerkenswerten Frauen basiert, die im Laufe der Geschichte vergessen wurden“.

www.tate.org.uk

Linienscharen und Selbstzünder

Eine Plattform für zeitgenössische Zeichnung schaffen – diesem Anspruch folgen die „Linienscharen“ aus Stuttgart, die mithilfe von Ausstellungen, Gesprächsreihen, Projekten sowie Ausschreibungen den Diskurs über Zeichnung lebendig halten möchten. Weil die coronabedingten Kontaktbeschränkungen wochenlang persönliche Begegnungen verhinderten, führten sie ihr jüngstes Projekt in Form eines Briefwechsels durch. Wer mitmachen wollte, konnte sich aus einer Grafik einen Koordinatenpunkt aussuchen: „Die verwendete Punktegrafik stellt die Grundlage dar, das Voranschreiten des prozessoffenen Projektes sichtbar zu machen, indem die laufende Kommunikation beständig aktualisiert und, in die Form eines Liniengewebes übersetzt, auf der Website abgebildet wird. Die 73 Projektbeteiligten hatten die Möglichkeit, jeweils individuell einen Briefwechsel per Zeichnungen anzustoßen, der sich zu einer knappen, aber dichten Korrespondenz oder auch zu einer umfangreichen Konversation mit unterschiedlichen Empfängern entwickeln kann.

www.linienscharen.de/selbstzuender