Bregenz
Anna Boghiguian
Period of Change
Kunsthaus Bregenz 22.10.2022–19.02.2023
von Hans-Dieter Fronz
Die Welt im Umbruch, „Period of Change“. Der Titel der Ausstellung von Anna Boghiguian im Kunsthaus Bregenz könnte aktueller nicht sein – mit Blick auf die Emanzipations- und Freiheitsbestrebungen im Iran beispielsweise oder im Hinblick auf den Krieg in der Ukraine, mit seiner Kettenreaktion gravierender Folgeprobleme, bis hin zu der bedrohlichen Situation von Nahrungsmittelknappheit in ärmeren Ländern infolge ausbleibender Getreidelieferungen. Die Verwobenheit von allem mit allem in der globalisierten Welt – nicht erst seit heute ist sie ein Thema der in Kairo gebürtigen (und nach vielen Jahren in Kanada dort inzwischen wieder lebenden) ägyptisch-kanadischen Künstlerin mit armenischen Wurzeln.
Anna Boghiguian ist eine große Geschichtenerzählerin; ebenso groß ist sie als Geschichtserzählerin. Wobei gerade auch erzählte Geschichte bei ihr von Geschichten förmlich überbordet: Ihre Zeichnungen und Aquarelle sind oft bis an den Rand mit Texten bestückt, zusätzlichen Informationen, Erzählungen, die das bildlich Gestaltete erst ins rechte Licht setzen und in den richtigen Kontextrücken. Boghiguians Themenfeld reicht zeitlich von der Antike bis zur Gegenwart und geografisch von den westlichen Metropolen über den konfliktreichen Nahen Osten bis zu den ausgebeuteten Regionen des vormals Dritte Welt genannten Teils der Erde. Und überall ist Aufruhr, findet „Uprising“ statt, wie die Installation im Erdgeschoss des Kunsthauses formuliert.
Dort sind zwei Segel aus farbigem Leinen aufgespannt, Siebdrucke mit erregten Menschenmassen. Dass die Figuren mit großen Augen dargestellt erscheinen wie in altägyptischen Wandmalereien, schlägt über die Jahrtausende eine zeitliche Brücke zur Vergangenheit. Eine dieser Figuren trägt eine Fahne; eine zweite schlägt eine…