Zürich und Altdorf
Anton Bruhin
Hauptsache & ABC
Haus für Kunst Uri, Altdorf 06.03.– 16.08.2020 und Galerie Marlene Frei, Zürich 07.07.– 16.08.2020
von Max Glauner
Die Fremde liegt meist in der Nähe. Zum Beispiel in Altdorf. Das ist der Hauptort des Kanton Uri, Schweiz, beschaulich, malerisch unter einem Bergkegel, der auch noch Mythen heißt. Auf dem Dorfplatz, als wollte man einen Anker werfen, steht ein Trumm aus Bronze, meterhoch, das Tell-Denkmal von Richard Kissling. Doch die bizarre Szenerie wird noch getoppt. Biegt die Besucherin um die nächste Ecke, empfängt sie zwischen alten Bürgerhäusern ein pavillonartiges Gebäude mit Kolonnaden, Balustern und wuchtigem Giebel: das Kunsthaus Uri.
Hier wird nun bis Ende August die Ausstellung Anton Bruhin „Hauptsache“ gezeigt, eine Entdeckung sondergleichen, denn das Werk des 1949 geborenen Urner Künstlers spiegelt und konterkariert die skurrile Heteronomie und Eigensinnigkeit seiner Heimat auf beeindruckende Weise. Mit der Ausstellung Bruhins „ABC“ in der Zürcher Galerie Marlene Frei ergibt sich somit in diesen Sommermonaten die einmalige Gelegenheit eine Künstlerpersönlichkeit kennen zu lernen, die quer zum Kunstbetrieb liegt und in dieser Ausführlichkeit bisher nie zu sehen war. „Hauptsache“ dreht sich zwar vor allem um den „caput“, den Kopf, das gemalte, gezeichnete, gebastelte Haupt. Hauptsächlich geht es aber um die Kunst Anton Bruhins. Die Ausstellung hat retrospektiven Charakter. Der Künstler zeigt sich dabei als Konservativer und Revolutionär, als Traditionalist und Phantast. Gegen die angesagten Leitmedien seiner Generation bleibt er bei den klassischen Disziplinen, Malerei und Skulptur, legt fotorealistische Steckmosaike aus Plastikplättchen, lange bevor diese Technik von Ai Weiwei entdeckt wurde, und übt…