SHIFTING SPACES
TEIL 7 Psychogeografien
Christoph Rütimanns Raumerkundungen
Bildende Kunst, Performing Arts, neue Medien und das Theater
Eine Serie kuratiert von Max Glauner
Die Stadt ist Bühne. Sie wurde als düster, bedrängend aber auch als ein heller Möglichkeitsraum beschrieben. Für den Flaneur wird sie zum Ort der Beobachtung und Erforschung menschlichen Verhaltens, von Anpassung, aber auch von Veränderung und Rebellion. In dieser Tradition steht die „Psychogeografie“, ein Begriff, der von uns vorläufig als künstlerische Praxis der Raumerkundung und Raumbesetzung vorgeschlagen wird. KUNSTFORUM International widmete dieser Praxis als „Urban Performance“ bereits 2014 zwei Monografien.1 Wir ergänzen nun Perspektiven, die damals nicht in den Blick kommen konnten, wie den Schweizer Maler, Zeichner, Installations-, Performance-, Foto- und Videokünstler Christoph Rütimann, der hier im Zentrum steht. Er zeigt gegenwärtig die Summa seiner Werkreihe Geh-Länder im Kunst Museum Winterthur.2 Rütimann auch als einen begnadeten Psychogeographiker zu apostrophieren liegt nahe, auch wenn er sich selbst nie als solchen bezeichnet hat.
Psychogeographie
Ein Grund ist, der Begriff Psychogeografie ist bis heute diffus.3 Das liegt nicht zuletzt in seinem Ursprung: Seine Gründungsurkunde stammt aus dem Jahr 1955 oder 1957. Ganz eindeutig ist das nicht festzustellen.4 Es handelt sich um Guy Debords Guide psychogéographique de Paris, eine lithografierte Karte in der Größe von 60 cm × 74 cm. Sie hätte mit vier weiteren, darunter die berühmte Collage The naked city in einer Ausstellung mit Asger Jorn, Yves Klein und Ralph Rumney in Brüssel gezeigt werden sollen. Sie kam nicht zustande. In unzähligen Publikationen reproduziert, steht der Guide heute emblematisch für die Bewegung des Situationismus und die…