Stuttgart
Marcel Duchamp
100 Fragen. 100 Antworten.
Staatsgalerie Stuttgart 23. 11.2018 – 10.03.2019
von Daniela Gregori
Es wäre ihm nicht bewusst gewesen, erklärte Serge Stauffer Jahre später über seine Korrespondenz mit Marcel Duchamp, welche ‚Rarität‘ er da erhalten hatte: „Ich wähnte immer, dass ich einer unter vielen sei, denen er generös seine Auskunft erteilte“. Bereits 1950, als eben einmal 21-jähriger, war der Schweizer auf das Werk Duchamps aufmerksam geworden, begann sechs Jahre später mit der Arbeit an der Übersetzung der Notizen der „Boîte Verte“, der Grünen Schachtel (1934), die gleichsam als Handbuch zum zentralen Großen Glas (1915 – 1923) funktionieren sollte. Nun war Stauffers Profession Künstler und nicht Übersetzer und trotz oder eben wegen der intensiven Beschäftigung mit dem disparaten wie komplexen Œuvre des älteren Kollegen war einiges für ihn ungeklärt geblieben. Exakt 100 Fragen mit relativ gering bemessenen Leerstellen für die Antworten auf 19 maschinengeschriebenen Seiten waren es schließlich, die Stauffer im Juli 1960 an Duchamp gesendet hatte. Bald darauf kam der umfangreiche Fragebogen ausgefüllt zurück, was den Schweizer enthusiasmiert wie charmant zu einer zusätzlichen Fragerunde veranlasste: „…Ich bin vierzig Jahre jünger als Sie, und manchmal habe ich den Eindruck eine merkwürdige ‚Vendetta‘ auszuführen, indem ich ‚Zahn um Zahn‘ die Beziehungen in diesem Räderwerk aufspüre, das ihr Werk darstellt.“ In der Tat zeugen die Fragen von einem unheimlichen Detailwissen wie einer Neugierde en Gros und en Detail, so dass der Künstler geschmeichelt oder überzeugt von der Ernsthaftigkeit des Unterfangens an ihnen Interesse gefunden haben muss. Für die Nachwelt ist das Konvolut der…