Progress: Art in an Age of Historical Ambivalence
12. Shanghai Biennale
Shanghai, 10.11.2018 – 10.03.2019
von Heinz-Norbert Jocks
„Pity this busy monster, manunkind, not. Progress is a comfortable disease: your victim (death and life safely beyond) plays with the bigness of his littleness.“
Diese paradoxen Verse des amerikanischen, modernistischen, 1894 in Cambridge geborenen Dichters E. E. Cummings waren erste Auslöser für diverse Betrachtungen zur Ambivalenz der Gegenwart, denen der mexikanische Kurator Cuauhtémoc Medina bei der Konzipierung der 12. Shanghai Biennale in der Power Station of Art zusammen mit den Co-Kuratoren María Belén Sáez de Ibarra aus Bogotá, der Japanerin Yukie Kamiya aus New York und Wang Weiwei aus Shanghai nachging. Nach Anselm Franke aus Berlin (2014) und dem Raqs Media Collective aus Delhi ist er übrigens der dritte Ausländer, der von der Jury ausgewählt wurde, die älteste und einflussreichste, 1996 ins Leben gerufene Biennale des chinesischen Festlands auszurichten. Zudem ist er der zweite Hauptkurator nicht-westlicher Herkunft. Wenn Medina sich über die prekäre Uneindeutigkeit der Gegenwart im wechselhaften Licht zeitgenössischer Kunst seine Gedanken macht, so nicht, ohne sich dabei auf Zygmunt Baumans epochenmachendes Buch „Liquid Modernity“ (2000) zu beziehen. Ausgehend von der Erfahrung, die wir derzeit zu machen gezwungen sind, dass die Gegenwart nach allen Richtungen hin offen ist. Wir stehen an einem Übergang, an dem unsagbar ist, ob sich das Blatt der Geschichte ins Regressive oder Progressive wendet. Um dieses nervenzehrende Tauziehen im Schwebezustand zu benennen, ließ Madina sich den doppeldeutigen Begriff „Proregress“ als Titel der Biennale einfallen, der Progress und Regress zu einem…