Brasilien
Bárbara Wagner & Benjamin de Burca
Swinguerra
Kommissar: José Olympio da Veiga Pereira, Fundação Bienal de São Paulo
Kurator: Gabriel Pérez-Barreiro
Ort: Giardini
In den 1990er Jahren begann in den Suburbs des brasilianischen Bundesstaats Bahia eine neue Musik, die Elemente von Reggae und Pagode vermischte. Pagode Baiano oder Swingueira genannt, verbreitete sich dieser von Gitarren dominierte Rhythmus schnell über das ganze Land. Jetzt hat Swingueira Venedig erreicht. Denn das Künstlerduo Bárbara Wagner und Benjamin de Burca (Brasilia, 1980; München, 1975) zeigt auf der Biennale eine 2-Kanal-Videoinstallation und dazu Fotoportraits einer 15köpfigen, aus schwarzen TänzerInnen bestehenden Tanzgruppe. Zunächst treten sie zu Viert vor die Kamera und führen ihre eigenen, oft von provokant-sexuellen Bewegungen geptägten Choreographien auf. Gegen Ende mahnt ein Sprecher das „Ende des Chaos“ an und bittet alle Akteure in einer großen Basketballhalle zum gemeinsamen Üben der rasanten Gruppen-Formation, in der sich klassischer Tanz, Samba-Schritte und queere Selbstpräsentation vermischen.
Die für Venedig in enger Kooperation mit den Tanzenden entstandene Dokumentation schließt an ein früheres Projekt des Künstler-Duos an, für das sie bereits Swinguera recherchierten. Für Venedig legen sie einen veränderten Fokus auf das Thema: Immer wieder zoomt die Kamera auf eine attraktive Akteurin, in Großaufnahme beim Tanzen, beim Rauchen in einer Pause, beim Telefonieren. Erst im Laufe des Films erahnt man ihre Identität als Transgender – eine Zuordnung, die offenbar für die meisten Tänzer gilt.
Queerness, aber auch die meist ärmlichen Lebensverhältnisse der Tänzer, geraten so langsam als subtiler Subtext in den Blick und lassen schließlich auch den Titel verständlich werden: Der Neologismus Swinguerra…