Mainz
Enter the Void
Lawrence Abu Hamdan, Ursula Biemann, Forensic Architecture, Paulo Tavares
Kunsthalle Mainz 10.07. – 01.11.2020
von Isa Bickmann
Der Ausstellungstitel „Enter the Void“ kann als Aufforderung verstanden werden, in eine Lücke oder Leerstelle einzudringen. Er beschreibt eine künstlerische Praxis, das Offensichtliche zu hinterfragen, um dem Vergessen zu begegnen. Angesichts der kurzen Aufmerksamkeitspanne der Weltöffentlichkeit werden Menschenrechtsverletzungen wie auch Hintergründe von Verbrechen am Ökosystem selten aufgeklärt. In diesen Zeiten der Unsicherheit wird daraus eine zutiefst politische Schau, die sich mit lokalen, aber global wirksamen Ereignissen beschäftigt. Das trifft im Pandemiejahr 2020 ins Schwarze, denn das Coronavirus mag als ein Beispiel dafür stehen, dass Forschung ein nie endender Prozess ist.
Ausgangspunkt der investigativen, forschenden, vergleichenden, aktivierenden, sammelnden Handlungen einer „Nichtkunstkunst“ (Martin Seidel im Kunstforum Int., Bd. 262) ist das 2010 von Eyal Weizman an der Londoner Universität Goldsmiths gegründete Kollektiv Forensic Architecture. Lawrence Abu Hamdan, dessen Name spätestens seit der Turner-Prize-Vergabe 2019 bekannt ist, und Paulo Tavares sind ehemalige Mitglieder des Kollektivs und noch heute mit ihm verbunden. Tavares kooperiert mit der Schweizer Künstlerin und Videoessayistin Ursula Biemann. Alle ausgestellten Arbeiten der hier genannten Künstler*innen sind von sehr einnehmender Natur: Man wird durch ein Ton- oder Bewegt-bild-Geschehen hineingelockt in die Leerstelle, um sich nach und nach über dokumentierte Ergebnisse dem jeweiligen Forschungskomplex anzunähern.
Einen tief betroffen machenden Einstieg bieten die als Installation und Hörraum aufbereiteten Recherchen Lawrence Abu Hamdans zum berüchtigten syrischen Foltergefängnis Saydnaya. Der Künstler betrachtet sich als „Private Ear“ und sammelt „Ohrenzeugenberichte“ der überlebenden Gefängnisinsassen, die nach einem Aufstand 2011 mit verbundenen…