London
Cao Fei
Blueprints
Serpentine Gallery 04.08.– 13.09.2020
von Edgar Schmitz
Das Foyer ist als Empfangsraum für das ehemalige Kino in Beijing inszeniert, in dem Cao Fei seit Jahren ihr Atelier hat; die Nebenräume sind in Augmented Reality als Küchenräume animiert, und die beiden weiteren Galerien inszenieren ihre aufwendig produzierten Filme im Rahmen umfassender Installationen, die die Ausstellungssituation selbst als Bestandteil jener Realfiktionen einbindet, mit denen Cao Feis Arbeit von China aus die Jetztzeit als Vorgeschichte einer neuen Form von Zivilisation umspielt.
Wenn eine Zivilisation so rasant mutiert wie China in den letzten dreißig Jahren, werden unweigerlich nicht nur Lebenswelten ver- und entzaubert; es werden hier vielmehr auch Subjektformen erfunden, aktiviert und ausgetestet, die in der Lage sein könnten, mit diesen Bedingungen umzugehen. Nach Cao Feis früheren Arbeiten zu Cos Play und der Parallelwelt RMB City, die sie auf der Second Life Plattform kreierte, stellt sich der Umgang mit den sich abzeichnenden Lebenswelten der nahen Zukunft zunehmend als Frage danach, wie es möglich sein könne, in und mit diesen Bedingungen zu überleben. Immer mehr Zombiefiguren durchziehen Cao Feis Welten der letzten Jahre und verweisen auf die Grenzwerte dessen, was als Existenz noch menschlich zu nennen sei sollte.
Aber auch Tiere verlassen ihre Märchen- und Kirmeswelten und werden zu gleichrangigen Protagonisten und Zeitzeugen ihrer post-apokalyptischen Szenarien. Ein gigantischer Oktopus begleitet als Architektur, als Kirmesattraktion und auch als blutiger Zeitzeuge die Metamorphosen einer Lebenswelt, die bei Cao Fei zwischen Märchen und Albtraum hin und her schwingt, und teilt sich die filmische Bühne dabei mit einem ganzen Zoo…