Nürnberg
KP Brehmer
Kunst ≠ Propaganda
Neues Museum Nürnberg 26.10.2018 – 17.02.2019
von Reinhard Ermen
Eine klassische Retrospektive sähe anders aus. Doch die Kuratorinnen und Kuratoren haben bewusst eine thematische Gliederung gewählt, als ginge es darum, ein Problembewusstsein zu etablieren und weniger einen chronologischen Werklauf, wie bei einem lebenden Künstler, der einen großmächtigen Rückblick aus Prinzip ablehnt. Das dürfte ganz im Sinne von KP Brehmer (1938 – 1997) sein, für den graphisch-gesellschaftliche Zuspitzungen das allererste Anliegen waren. Eine Titelformulierung, mit der vier höchst unterschiedliche Ausstellungshäuser leben können, sei gar nicht so leicht gewesen, schreibt (sinngemäß) Eva Kraus, Hausherrin in Nürnberg und dort auch die Kuratorin, bis man bei „KP Brehmer. Kunst ≠ Propaganda“ landete. Man beachte das durch den Schrägstrich / Slash umgedrehte Gleichheitszeichen, das Abstand schafft und trotzdem beide Komponenten verbindet. Im Vorfeld wurden andere, werkorientierte Schlagzeilen erwogen, die diesen Künstler zweifellos richtig getroffen hätten, wie „Weltkrieg möglich / Weltkrieg unmöglich“ oder „Visualisierung politischer Tendenzen“. Vielleicht wäre eine andere Formulierung auf Basis einer Selbsteinschätzung ebenfalls Titelfähig gewesen: „KP Brehmer. Sichtagitation“!
Vorhandene Graphiken in Zeitschriften, Zeitungen oder Fachbüchern inspirieren. Gelegentlich stellte er das dort gefundene auf den Kopf und damit auf die Füße seiner Anliegen. Die „Farbengeografien“ etwa spielten mit gängigen Konnotationen, das Blau frischte er politisch auf, um es gleichzeitig neu zu norden, wobei das tiefe, dunkle „Russischblau“ ganz im Osten zum Schwergewicht mutiert, während das „Pariserblau“ im Westen kleiner, heller und unscheinbarer erscheint. Und konstruiert ist das Ganze, als sei es von Piet Mondrian. Andernorts malte er lustvolldramatisch die Rote Gefahr und…